Kategorie-Archiv: Lean Wissen

21. Juni 2021

Lean Office Buchvorstellung

Kennen Sie sich (zumindest ein wenig) mit der Philosophie und den Methoden von Lean aus? Dann werden Sie sich in der Regel mit dem Einsatz von Lean in der Fertigung oder Logistik beschäftigt haben. Dort liegt der Ursprung von Lean. Auch bringen Produktionsprozesse häufig Wiederholungen mit sich, die mit Lean Methoden verbessert werden können. Das Erkennen, Analysieren und Reduzieren von Verschwendung lohnt sich erst dann so richtig, wenn eine gewisse Wiederholhäufigkeit den Aufwand für eine systematische Beschäftigung damit rechtfertigt.

Aber auch bei Büro- und Verwaltungstätigkeiten gibt es regelmäßig Prozesse, die wiederholt, arbeitsteilig, und zumindest teilweise strukturiert durchgeführt werden. Wenn man versucht Lean auf solche Bereiche anzuwenden dann geschieht dies in der Regel unter dem Schlagwort Lean Admin oder Lean Office. Genau diesem Them widmet sich das kleine Handbuch „Lean Office“ aus der Pocket Power Reihe von den Autoren Lukas Kubenz und Patrick Pötters. In diese Artikel werde ich mich der Frage widmen, was dieses Buch für Sie zu bieten hat und ob sich eine Anschaffung lohnt.

Zunächst einmal muss zwischen den beiden Begriffen Lean Admin und Lean Office unterschieden werden. Hierbei hat sich eine Unterscheidung in der Betrachungsweise bewährt, die auch von diesem Buch durchgehalten wird. Als „Lean Admin“ wird demnach das System verstanden, nach dem die Philosophie, Methoden und Organisation von Lean in administrativen Bereichen angewandt werden. Der Fokus liegt hier also auf der Art der Prozesse als Unterscheidung zu Lean Production. Bei dem Begriff „Lean Office“ liegt der Schwerpunkt eher auf der konkrete Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen im Büro als Ort des Geschehens. Insofern könnte man analog zum Lean Production auch von „Gemba“ sprechen.

Das Buch besteht aus vier Teilen:
1. Übertragung der Lean Prinzipien und Verschwendungsarten auf den Office Bereich
2. Übersicht über Lean Office Methoden (Prozess- und Tätigkeitsstrukturanalysen, Prozessgestaltung, Office 5S, Office Kanban, Poka Yoke, PDCA)
3. Umsetzungsleitfaden mit Details zu den Themen Prozessgestaltung und Office Floor Management)
4. Checklisten und Vorlagen

Im ersten Teil wird versucht, die Grundbegriffe der Lean Philosophie auf den Office Bereich anzuwenden. Das klappt gut und ist für den Lean erfahrenen Lesser nachvollziehbar. Inwieweit sich die Begriffswelt und Denkweise des Lean für solche Menschen nachvollziehen lässt, die bisher nichts damit zu tun hatte, kann ich nicht beurteilen. Ich hab jedoch die Erfahrung gemacht, dass gerade in Bereichen, die bisher nichts damit zu tun haben, Prozessoptimierung schnell mit Rationalisierung und damit dem 80er Jahre Kampfbegriff für Stellenabbau gleichgesetzt wird. Gerechtfertigt ist das nicht; dennoch bleibt das Buch hier einfache Antworten auf die Fragen schuldig, wie Lean auch für Büroprozesse salonfähig gemacht werden kann.

Im zweiten und dritten Teil wird ein Methodenbaukasten für den Einsatz von Lean im Office vorgestellt, der eine gute Grundlage für Verbesserungsansaätze bildet. Aus dem großen Methodenschatz von Lean werden genau die Methoden herausgegriffen, die auch nach meiner Meinung erfolgreich im Büri eingesetzt werden können. Zu Beginn des dritten Kapitels gibt das Buch einige Hinweise dazu, wie man ein Lean Office System einführen sollte. Die Erläuterungen sind allerdings sehr knapp; die Themen Training, Stakeholder- und Changemanagement kommen überhaupt nicht zur Sprache.
Später wird die Makigami Methode zur Prozessgestaltung recht detailliert beschrieben; die praktische Nutzbarkeit bleibt aber durch den begrenzten Detaillierungsgrad der Makigami Methode gering.

Der vierte Teil des Buches enthält einige Checklisten zum Team Lean Office. Dort finden Sie nichts, was sie nicht auch im Netz finden würden. Aber die Auswahl nimmt dem/der Leser:in etwas Arbeit ab. Per QR-Code kann man die Vorlagen direkt downloaden. Leider nur als (teilweise vorausgefüllte) PDFs.

Die aktuelle Auflage ist von 2019. Das Buch hat 116 Seiten und kostet neu 14€.

Für mich ist „Lean Office – Pocket Power“ eine sinnvolle Arbeitshilfe, da es einen guten Überblick über das Thema Lean Office / Lean Admin gibt. Das Inhaltsverzeichnis können Sie quasi direkt als Projektplan für „Lean im Office“ übernehmen. Die Kapitel zu 5S im Büro und zum Thema Office Floor Management sind gut und hilfreich. Die Abschnitte zur Prozessgestaltung und Office Kanban sind jedoch sehr knapp gehalten. Wer dies vertiefen möchte ist mit „Lean Administration 1“ von Bodo Wiegand (Prozessgestaltung / Admin Wertstrom) und „Kanban from the Inside“ von Mike Burrows (agiles Büro-/Prozessmanagement mit Kanban) deutlich besser aufgehoben. Für das Thema Change Management im Rahmen einer Lean Office Einführung empfehle ich das ADKAR-System von Jeffrey M. Hiatt.

Unter Strich ist das Buch Lean Office von Kubenz und Pötters eine Kaufempfehlung für alle, die sich mit Lean beschäftigen. Bei dem Preis kann man eh nichts falsch machen.

Uns wo wir gerade beim Thema sind:
Werfen Sie doch einmal einen Blick auf meine Trainingsangebote zum Thema Lean Administration / Lean Office. Die online Grundlagenschulung mit Live Training und Coaching gibts bei mir schon für 50€.

Viel Erfolg auf Ihrem Weg zum schlanken Büro wünscht Ihnen
Oliver Grimm

17. Mai 2021

Montageoptimierung mit MTM

An welche Dinge aus Ihrem Studium oder Ihrer Ausbildung erinnern Sie sich noch? Was davon war hilfreich, haben Sie später immer wieder gebraucht? Vieles bestimmt nicht, aber ein paar Dinge haben sich als erstaunlich nützlich erwiesen.

Als ich im Jahr 2002 meinen ersten MTM Kurs gemacht habe, hatte ich noch keine Ahnung davon, dass dies eine der nützlichsten Dinge sein würde, die ich bis dato gelernt hatte. MTM ist die Abkürzung für Methods Time Measurement; ein System vorbestimmter Zeiten, mit dem man menschliche Bewegungsabläufe analysieren kann. Dabei schaut man sich die Abläufe im realen Betrieb (oder auf Video) an, zerlegt sie in einzelne standardisierte Elemente und erstellt daraus ein Ablaufprogramm. Da für alle verwendbaren Bewegungsbausteine wissenschaftlich erarbeitete Zeiten verfügbar sind, kann man aus dem Ablauf wiederum eine Zeit ableiten, eben die vorbestimmte Zeit, die dieser Klasse von Methoden seinen Namen gibt.

Der Einsatz von MTM hat drei große Vorteile gegenüber anderen Verfahren der Arbeitszeitanalyse:

  • die Zeiten wurden wissenschaftlich ermittelt, so dass es keine Uneindeutigkeit über die individuell beobachteten Zeiten geben kann.
  • es können Montagezeiten für Arbeitsplätze erarbeitet werden, die noch in der Planungsphase sind (=keine Beobachtung am laufenden Arbeitsplatz erforderlich)
  • Über die Beschäftigung mit den Zusatzzeitbausteinen von MTM (Weglängen, Kraftaufwand, schwieriges Aufnehmen, usw.) können alleine anhand der schriftlichen Analyse Montagezeitverbesserungen erarbeitet werden.

Gerade der letzte Punkt ist eine hervorragende Möglichkeit zur Verbesserung von Montagesystemen. Und damit zur Verbesserung des Engpassprozesses. Und damit zur Glättung eines Taktgebirges. Mit MTM können Sie genau dort an Verbesserungen arbeiten, worum es bei Lean im Kern geht: der Vereinfachung und Verschlankung Ihrer wertschöpfenden Prozesse.

Wenn Sie bisher noch keinen Kontakt mit MTM hatten, finden Sie auf mtm.org weitere Informationen und Trainingsangebote.

12. Mai 2021

Buchvorstellung „The 5S’s“ von Takashi Osada

Cover 5S Buch von Osada

Mehr als Ordnung und Sauberkeit im Betrieb

Haben Sie schon einmal 5S (bzw. 5A) gemacht? „Na klar“, werden Sie vermutlich sofort antworten. Und vielleicht haben Sie das Thema schon längst in Ihrem Methodenkoffer abgelegt als etwas Triviales, dessen Durchführung simpel ist und deren Erfordernis sich von selbst erklärt.

Aber haben Sie 5S auch richtig gemacht? So würde die Frage vielleicht Takashi Osada stellen, der Autor von „The 5S’s“. Osada hat mit diesem Buch aus dem Jahr 1991 den Grundstein für die sytematische Umsetzung von 5S in produzierenden Unternehmen gelegt. Trotz seines Alters ist das Buch immer noch eine spannende Quelle für Alle, die sich ernsthaft mit 5S beschäftigen möchten.

Das Besondere an dem 210-seitigen Buch ist die Detailliertheit, mit der Osada die Umsetzung von 5S beschreibt. Das bezieht sich auf drei Dinge:

Erstens beschreibt er ausführlich die Vorgehensweise zur Einführung von 5S und stellt dazu eine Projektplan-Vorlage zur Verfügung.
Zweitens gibt er viele Beispiele und praktische Tipps, worauf bei den 5 Schritten des 5S zu achten ist.
Und drittens beschreibt es auführlich die Geschichte und Wichtigkeit von 5S, was wiederum hervorragend als Grundlage für 5S Train-the-Trainer Progamme verwendet werden kann.

Schließlich rundet er seine Handlungsempfehlung mit einem 5S für administrative Tätigkeiten ab (Lean Office).

Meiner Meinung nach finden Sie auf dem Markt derzeit immer noch kein besseres Buch zum Thema 5S.

Falls ich sie nun für die Lektüre dieses Leanklassikers begeistern konnte, sei noch erwähnt, dass die letzte Auflage zwar vergriffen ist, Sie das Buch aber immer noch problemlos gebraucht kaufen können (ca 25€). Das Buch ist auf Englisch geschrieben; übersetzt wurde es nicht.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg mit der Durchsetzung von 5S in Ihrem Unternehmen.
Denn der erste Schritt auf Ihrem Lean-Weg sollte die Störungsfreiheit sein.
5S bildet die Grundlage dafür.

PS: falls Sie externe Unterstützung beim Thema 5S benötigen oder Ihre Mitarbeiter schulen möchten, stehe ich gerne bereit
5S Training und Unterstützung bei der Umsetzung

6. April 2021

…, weil schnell und stark nicht das Gleiche sind!

Heute Morgen habe ich einen Artikel über eine neue Software gelesen, mit der niedergelassene Ärzte die Dauer eines COVID-Impfbesuches von 70 Minuten um die Hälfte reduzieren könnten. So weit, so gut. Nun endete der Artikel aber mit der Aussage, dass dadurch die Anzahl der Impfungen in den Arztpraxen deutlich gesteigert werden könne.

Merken Sie, was da nicht stimmt?

Die Verbesserung der Durchlaufzeit und die Erhöhung der Kapazität sind zwei weitgehend unabhängige Dinge. Die Durchlaufzeit ergibt sich aus der Summe der wertschöpfenden Zeiten plus der Summe der Wartezeiten. Der wichtigste Hebel zur Verbesserung der Durchlaufzeit ist die Reduzierung der Liegezeiten, d.h. der Prozess muss ins Fließen kommen.

Auf der anderen Seite ist die Kapazität eines Prozesses ausschließlich abhängig von seinem langsamsten Teilglied, was bezogen auf die Arztpraxis wohl der eigentliche Impfvorgang durch den Arzt ist. Nun stimmt es natürlich, dass sich durch eine kürzere Zeit für den Impfvorgang durch den Arzt auch die Durchlaufzeit verkürzt. Aber der Effekt ist marginal, weil die Gesamtdurchlaufzeit für den Patienten so lang ist.

Warum ich diesem Artikel die beiden Bilder hinzugefügt habe?

Weil schnell und stark nicht das Gleiche sind. Beides ist wichtig: schneller wird ein Prozess durch die Optimierung der Durchlaufzeit; „stärker“ wird ein Prozess durch eine Taktanalyse und die Aufweitung des Engpasstaktes (Stichwort: „Theory of Constraints“). Wer stärker ist, ist vielleicht auch ein wenig schneller. Aber wichtiger für „schnell“ sind vor allem andere Eigenschaften. Ein Elefant ist eben stark, aber dadurch nicht automatisch auch schnell. Ein Gepard ist schnell. Und ob er stark ist, ist dafür zweitrangig.

Wer diesen Unterschied nachvollziehen kann, hat schon eine der wichtigsten Grundlagen von Lean verstanden. Deshalb erkläre ich das in meinen Trainings immer direkt am Anfang.

15. März 2021

Campfire Prozessmanagement und Unternehmenskultur

 

Planen Sie Ihre Prozesse noch oder leben sie (die Prozesse 🙂 schon?

Spätestens seit „Agile“ sollte klar sein, dass es zwecklos ist, die Planung und Vorbereitung für Wandel bis ins Akribischste zu treiben. Es gibt einen Punkt, an dem muss die Umsetzung starten.

Aber andererseits: „Man verändert Dinge bereits dadurch, dass man sie nur betrachtet“ (Richard Feynman, glaube ich; leider finde ich das Zitate gerade nicht).

Was also hat Prozessmanagement mit Unternehmenskultur zu tun? Ist das eine ein Katalysator für das andere? Oder ist das unabhängig voneinander?

Diesen und weitere Fragen stellen wir uns in dem virtuellen Campfire „Prozessmanagement und Unternehmenskultur“ am 24.03.2021 um 14:00 Uhr mit Dr. Sven Geelhaar und mir.

Seien Sie gespannt. Und melden Sie Sich am besten gleich an.

https://zfrmz.eu/Z5fgweX9IBUm1s64b8VB

9. März 2021

Wie man ein Lean Projekt scheitern lässt

Haben Sie schon einmal ein Lean Projekt durchgeführt, beauftragt oder daran teilgenommen? Für alle Lean-Experten, -Veteranen und -Beteiligten ist hier die Liste der …

… 5 besten Dinge, um ein Lean Projekt scheitern zu lassen:

1. zu glauben, dass man ein Lean Projekt ohne das Vertrauen der Mitarbeiter machen kann
2. den Auftraggeber seine Erwartung an das Projektergebnis nicht aufschreiben lassen (ja, aufschreiben; nicht nur „sagen“ 🙂
3. ohne ein klares Mandat für das Projektteam oder den Projektleiter zu starten
4. die Erwartung zu wecken, dass Lean sofort Geld spart
5. darauf zu hoffen, dass man Lean nicht erklären muss (, weil es offensichtlich ist)

10. Februar 2021

Lean-Workshop-Teilnehmer

Haben Sie als Lean-Experte, -Coach oder Führungskraft schon einige Lean-Workshops geleitet oder an ihnen teilgenommen? Dann werden Sie bestimmt auch das Gefühl gehabt haben, dass einige Workshops sehr gut laufen und andere einfach nicht „zünden“. Das mag zum Einen an dem ausgewählten Thema oder der Moderationserfahrung des Lean-Coaches liegen. Zum anderen kann es auch an einer unpassenden Auswahl der Teilnehmer Ihres Workshop liegen.

Verschiedene Rollen der Teilnehmer

Über die Jahre, in denen ich als Lean-Trainer und -Berater mit unterschiedlichsten Unternehmen zusammengearbeitet habe, hat sich ein Standard herausgebildet, wie ich Lean Workshops am liebsten zusammensetze und als am Effektivsten ansehe. Dieser Standard basiert einerseits darauf, dass alle wichtigen Rollen abgedeckt sind und eine gute Anzahl von Teilnehmern teilnimmt.

Was macht einen effektiven Workshop aus?

Fangen wir mit dem zweiten Thema an. Was sind nun die Kriterien dafür, dass ein Workshop effektiv ist? (Workshopeffizienz ist noch mal ein anderes Thema, um deren Optimierung man sich aber erst nach der Verbesserung der Effektivität kümmern sollte.) Meiner Meinung nach ist ein Workshop dann effektiv, wenn mit seiner Hilfe konkrete Verbesserungen der Arbeitsmethode wirklich umgesetzt werden. Das „wirklich umgesetzt“ betone ich an dieser Stelle deshalb, weil alle Verbesserungen nichts wert sind, wenn sie nur vereinbart werden, aber nicht auch sofort und vor Ort umgesetzt werden. Das Verschieben der Umsetzung birgt immer die Gefahr, dass es zu Verzögerungen kommt oder schlimmstenfalls die Ergebnisse gar nicht mehr umgesetzt werden.

Zwei Macher, ein Entscheider

Aus diesem Grund benötigen wir in einem Workshop einerseits die (gewerblichen) Mitarbeiter aus dem betrachteten Bereich, um sicherzustellen, dass an den echten und wichtigen Problemen gearbeitet wird. Andererseits ist ein Entscheider wichtig, der Verzögerungen aus dem Weg räumt. Bei den gewerblichen Mitarbeitern empfiehlt es sich darüber hinaus, Mitarbeiter aus verschiedenen Unterbereichen oder von verschiedenen Arbeitsplätzen innerhalb des Bereiches auszuwählen. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass Vertreter aller Stakeholdergruppen im Workshop vertreten sind. Das kann gelegentlich so weit gehen, die gemeinsame Arbeit im Workshop als Teambuildingmaßnahme zu sehen. Nach meiner Erfahrung hat sich die Teilnahme von zwei gewerblichen Mitarbeitern bewährt.

Bisher haben wir damit die drei Teilnehmer für unseren Workshop festgelegt:
– zwei gewerbliche Mitarbeiter mit verschiedenen Blickwinkeln
– eine Führungskraft, die die zu erwartetenden Maßnahmen entscheiden kann

Ein Moderator, ein Analyst

Hinzu kommt noch der Moderator zur Planung und Durchführung des Workshops sowie die letzte Rolle, die ich „Analyst“ nenne. Oft ergeben sich im Workshop Fragen, deren Beantwortung durch die Analyse von Daten verbessert werden kann. Diese Rolle ist nicht immer erforderlich; sie hilft aber, die Qualität und Geschwindigkeit des Workshops zu verbessern. Oft wird sie von einem jungen Ingenieur oder einem neuen Teammitglied ausgefüllt. Wichtig ist, dass diese Person über die Fähigkeiten und Möglichkeiten verfügt, sich die erforderlichen Daten zu beschaffen und mit Ihnen zu arbeiten.

Somit ergeben sich die folgenden 5 Rollen, die ich für Lean-/KVP-Workshops empfehle:

  • zwei Mitarbeiter
  • eine Führungskraft
  • ein Analyst
  • ein Moderator

Fünf Menschen sind ein (Lean-)Team

Insgesamt kommen wir damit auf fünf Teilnehmer, was sich aus meiner Sicht gut bewährt hat. Selbst beim (temporären) Ausfall von eins bis zwei Teilnehmern kann man bei einem mehrtägigen Workshop noch etwas Gutes erarbeiten. Da die Gruppe nicht zu groß ist, ist der Abstimmungsbedarf überschaubar. Nach meiner Erfahrung realisieren die Teilnehmer in solch einer Zusammensetzung schnell die gegenseitigen Unterstützungsmöglichkeiten und man kommt zügig in einen produktiven Arbeitsmodus.

 

Suchen Sie noch einen externen Moderator für Ihre Workshops? Sprechen Sie mich gerne an.

Melden Sie sich für meinen Newsletter an, um keinen Artikel und keine Arbeitshilfe zu verpassen.

2. Februar 2021

Optimierung der Besprechungslandschaft

Vor ein paar Tagen hatte ich an dieser Stelle die Vorlage „Besprechungsanalyse“ veröffentlicht und versprochen, dass es dazu noch eine komplette Methode „Besprechungsdesign“ geben wird. Dieses Versprechen löse ich hiermit ein.

Verbesserung einzelner Besprechungen

Zunächst einmal müssen wir für die Verbesserung der Besprechungslandschaft zwei Arten von Verbesserungen unterscheiden: Erstens die Verbesserung der Durchführung einzelner Besprechungen und zweitens die optimale Gestaltung der Besprechungslandschaft. Während es für das erste Thema schier unendlich viele Angebote, Tipps und Tricks im Netz gibt (siehe hier), findet man kaum konkrete Ansätze zur Optimierung der kompletten Besprechungslandschaft. Unter letzterem verstehe ich den Gesamtumfang der Besprechungen in einem Unternehmen bzw. an einem Standort.

Die beiden Ansätze „einzelne Besprechungen besser machen“ und „die Besprechungslandschaft optimieren“ sind dabei unabhängig voneinander, ergänzen sich und verstärken gegenseitig ihre positiven Effekte! Tun Sie daher am besten beides, um eine möglichst effiziente Kommunikation bei minimalem Aufwand für alle Beteiligten sicherzustellen.

Optimierung der kompletten Besprechungslandschaft

Im Folgenden geht es nun ausschließlich um die Optimierung der Besprechungslandschaft. Hierzu schlage ich die folgenden Schritte vor:

Besprechungsanalyse

1. Besprechungen AUFLISTEN (Name? wann? Teilnehmer? Dauer?) (z.B. mit Hilfe der Vorlage „Besprechungsanalyse“)
2. Besprechungen KATEGORISIEREN: Information oder Diskussion oder Entscheidung (oder Netzwerken)
3. THEMEN zuordnen: welche Themen werde heute in welchen Besprechungen behandelt?
4. INFORMATIONSFLÜSSE analysieren (z.B. mit Hilfe einer Informationsstrukturanalyse): Welche Informationen werden in welcher Besprechung benötigt oder erstellt?

Besprechungsdesign

5. STAKEHOLDERanalyse und -einbindung
6. VERANTWORTLICHKEITEN festlegen: Welche Menschen sollen für welches Thema verantwortlich sein?
7. STREICHEN: Welche Besprechungen können wegfallen (evtl. mit anderen Besprechungen verbunden werden)?
8. REIHENFOLGE der Besprechungen festlegen (in Abhängigkeit von dem Informationsfluss)
9. TEILNEHMER festlegen (je weniger desto besser)
10. UHRZEITEN/TAGE für die Besprechungen festlegen

Umbau der Besprechungslandschaft

11. Die UMSTELLUNG der Besprechungslandschaft in verschiedene Schritte gliedern
12. die REIHENFOLGE dieser Veränderungen planen
13. TERMINE für die jeweiligen Umstellungen festlegen
14. einen KOMMUNIKATIONSPLAN für die Veränderungen erstellen (bei größeren Veränderungen)
15. die erste Veränderung UMSETZEN
16. Schritt für Schritt die restlichen Veränderungen UMSETZEN

Swim Lane Darstellung

Vielleicht fragen Sie sich nun, was das Bild dieses Beitrags mit dem Thema zu tun hat? Nun, zur Visualisierung des Informationsaustausches zwischen Besprechungen wird oft ein sogenanntes Swim Lane Diagramm eingesetzt. Ähnlich wie bei einer Wertstromanalyse wird der Prozessablauf durch eine Kette von einzelnen Besprechungen dargestellt, wobei die Bahnen des Schwimmbeckens einer Abteilung oder Arbeitsgruppe entsprechen. Ich finde das ein schönes Beispiel, wie man das Problem der in sich abgeschlossenen Informationsblasen der Abteilungen darstellen kann.

Womit sollten Sie anfangen?

Welche der beiden Ansätze ist nun wichtiger: Die Verbesserung der einzelnen Besprechungen oder die Optimierung der Besprechungslandschaft? Beides ist wichtig! Aber der Ansatz und die Verantwortung hierfür unterscheiden sich. Das effiziente Durchführen einzelner Besprechungen ist ein Soft Skill, den jeder Mensch beherrschen sollte, der regelmäßig Besprechungen leitet. Grundsätzlich sollte hier Jeder seine Fähigkeiten kritisch hinterfragen und sich weiterbilden. Auch die breite Entwicklung dieses Skills im Rahmen eines Unternehmensprogramms ist denkbar.

Die Optimierung der Besprechungslandschaft hingehen ist eine Managementaufgabe, deren Entwicklung Zeit, Führung und geeignete Maßnahmen (Kommunikations- und Stakeholdermangement) benötigt. Die Umsetzung der in diesem Artikel vorgestellten Methode wird nur erfolgreich sein, wenn die Umsetzenden die erforderliche Entschlusskraft und das richtige Mandat dafür haben. Ob die Optimierung der Besprechungslandschaft nun von einer höheren Führungskraft oder von einer Stabsstelle Organisationsentwicklung getrieben wird, ist von dem jeweiligen Unternehmen abhängig. Ein hinreichendes Mandat (hier: Durchsetzungsmacht) ist in jedem Fall unabdingbar.

Gemeinsam Ihre Besprechungslandschaft optimieren

Und nun wünsche ich Ihnen viel Erfolg beim Optimieren Ihrer Besprechungslandschaft.
Ich freue mich darauf, von Ihren Erfolgen zu hören.

Falls Sie Unterstützung bei der Optimierung Ihrer Besprechungslandschaft benötigen oder Sie an einem Training teilnehmen möchten, stehe ich gerne zur Verfügung. Meine Kontaktdaten finden Sie hier.

Melden Sie sich für meinen Newsletter an, um keinen Artikel und keine Arbeitshilfe zu verpassen.

7. Oktober 2020

Buchvorstellung: „The Lean Toolbox“

The Lean Toolbox

The essential Guide to Lean Transformation
John Bicheno; Matthias Holweg
PICSIE Books, Buckingham, UK, 2016 (6. Auflage)

The Lean Toolbox

Warum ich dieses Buch hier vorstelle

Im Herbst 2011 war ich als Lean-Trainer in der Türkei tätig. Neben dem Fleiß und dem Engagement der türkischen Kollegen fiel mir bald auf, dass sich der Werkleiter und viele Führungskräfte bereits vor meinem Projekt intensiv mit dem Thema Lean auseinander gesetzt hatten. Mit Stolz zeigte mir der Lean Manager des Standortes sein grünes Buch, die Lean Toolbox von Bicheno/Holweg, in der alles Wichtige über das Thema Lean zu finden sei.

Nach meiner Rückkehr nach Deutschland bestellte ich gleich das grüne Taschenbuch. Seit 8 Jahren steht es nun in meinem Bücherregal und immer wieder empfehle ich es meinen Kunden als Referenzwerk zum Thema Lean.

Rezension

Die Lean Toolbox von Bicheno/Holweg ist aus meiner Sicht das beste Nachschlagewerk zu allen Themen rund um Lean Production. Auf 280 Seiten gibt es einen breiten Überblick über die Lean-Philosophie und alle wichtigen Methoden. Außerdem schlägt es drei „Lean Transformation Frameworks“ vor, mit denen Lean in Unternehmen eingeführt werden kann. Für Führungskräfte in der Produktion ist ebenfalls interessant, dass es separate Kapitel zu den Themen Strategie, Managing Change und KVP/Kaizen enthält. Weiterhin wird mit eigenen Kapiteln die Brücke geschlagen zu Qualität, SCM und Controlling. Die Auswahl an Lean-Themen ist in jeder Hinsicht umfassend.

Das Buch ist zweispaltig gesetzt und in lockerer Sprache geschrieben. Es enthält viele Checklisten und Aufzählungen, Tabellen und einfache Übersichtsgrafiken, um Zusammenhänge zu visualisieren. Aufwändige Zeichnungen oder Fotos sind nicht enthalten. Es enthält nur wenige Beispiele, aber dafür viele Querverweise auf weiterführende Literatur.

Die Lean Toolbox kann man verwenden, um sich in die wichtigsten Lean-Themen einzulesen. Vor allem aber ist es ein sehr gutes Nachschlagewerk, das keinem Produktionsleiter und -experten fehlen sollte. In Skandinavien, UK und Benelux ist es das Standardwerk vieler Hochschulen im Bereich Lean und Operational Excellence.

Schließlich ist das Buch mit einem Preis von €17 so günstig, dass sich jedes weitere Zögern eigentlich erübrigt.

Als kleiner Wermutstropfen sei genannt, dass die Lean Toolbox nur auf Englisch verfügbar ist. Wen dies nicht vom Kauf abhält, der erhält mit diesem Buch einen exzellenten Begleiter für alle Fragen rund um das Thema Lean.

28. September 2020

Einfach mehr produzieren – mit der richtigen Abtaktung

Beim Abtakten von Fertigungslinien geht es darum, für die verschiedenen Prozessschritte eines Wertstroms die Prozesstakte so zu gestalten, dass einerseits der Gesamtoutput der Fertigung maximiert wird und andererseits die Produktionssteuerung dazu passt. In Beratungsprojekten erlebe ich in der Praxis immer wieder zwei Probleme dabei:

Nettotakt ist nicht gleich Bruttotakt

Erstens werden bei der Taktanalyse zwar regelmäßig die Nettotakte der Maschinen berücksichtigt, vielleicht auch noch die Anzahl paralleler Maschinen, nicht aber der Ausschuss, die technische Verfügbarkeit und die geteilte (organisatorische) Verfügbarkeit von Maschinen, die Teil von mehreren Wertströmen sind. Das Ergebnis ist dann eine Taktanalyse, die wenig mit dem zu tun hat, was die/der Produktionsverantwortliche auf dem Shopfloor sieht. Als Konsequenz daraus wird das Ergebnis der Taktanalyse nicht akzeptiert und die Methode an sich infragegestellt.

Die Taktfolge zieht eine bestimmte Produktionssteuerung nach sich – nicht umgekehrt!

Das zweite Problem, das ich oft bei der Taktanalyse beobachte, ist ein fehlender Abgleich zwischen der Taktanalyse und der eingesetzten Produktionssteuerung. Ein geübter Industrial Engineer kann aus dem Bild einer Taktanalyse herauslesen, welche Produktionssteuerungsarten an welchen Stellen des Wertstroms eingesetzt werden sollten. Beispielsweise ergibt sich zwischen einem kurzen Takt und einem längeren Takt ein Stau, der durch eine geeignete Zuflusssteuerung begrenzt werden muss. Geschieht dies nicht (und verlässt man sich z. B. ausschließlich auf MES- oder SAP-Terminlisten), bilden sich sehr schnell „hidden Factories“ heraus, in denen die Mitarbeiter vor Ort selbst versuchen, sich irgendwie zu organisieren. Denn „das, was der Computer sagt, funktioniert eh nie“.

Vorlage Taktanalyse Screenshot

Richtig Abtakten mit einer besseren Vorlage und mehr Hintergrundwissen

Zur Lösung des ersten Problems empfehle ich, eine Vorlage für die Taktanalyse zu verwenden, die die technischen und organisatorischen Taktverluste berücksichtigt. Solch eine Vorlage finden Sie z. B. hier bei leandirekt im Vorlagenbereich.

Zur Lösung des zweiten Problems empfehle ich Ihnen, sich tiefer mit den Themen Taktanalyse und vor Allem Taktoptimierung zu beschäftigen. Das passende Training finden Sie hier:

https://www.leandirekt.de/termine/

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg dabei, mit einfachen Mitteln mehr zu produzieren.