…, weil schnell und stark nicht das Gleiche sind!

Heute Morgen habe ich einen Artikel über eine neue Software gelesen, mit der niedergelassene Ärzte die Dauer eines COVID-Impfbesuches von 70 Minuten um die Hälfte reduzieren könnten. So weit, so gut. Nun endete der Artikel aber mit der Aussage, dass dadurch die Anzahl der Impfungen in den Arztpraxen deutlich gesteigert werden könne.

Merken Sie, was da nicht stimmt?

Die Verbesserung der Durchlaufzeit und die Erhöhung der Kapazität sind zwei weitgehend unabhängige Dinge. Die Durchlaufzeit ergibt sich aus der Summe der wertschöpfenden Zeiten plus der Summe der Wartezeiten. Der wichtigste Hebel zur Verbesserung der Durchlaufzeit ist die Reduzierung der Liegezeiten, d.h. der Prozess muss ins Fließen kommen.

Auf der anderen Seite ist die Kapazität eines Prozesses ausschließlich abhängig von seinem langsamsten Teilglied, was bezogen auf die Arztpraxis wohl der eigentliche Impfvorgang durch den Arzt ist. Nun stimmt es natürlich, dass sich durch eine kürzere Zeit für den Impfvorgang durch den Arzt auch die Durchlaufzeit verkürzt. Aber der Effekt ist marginal, weil die Gesamtdurchlaufzeit für den Patienten so lang ist.

Warum ich diesem Artikel die beiden Bilder hinzugefügt habe?

Weil schnell und stark nicht das Gleiche sind. Beides ist wichtig: schneller wird ein Prozess durch die Optimierung der Durchlaufzeit; „stärker“ wird ein Prozess durch eine Taktanalyse und die Aufweitung des Engpasstaktes (Stichwort: „Theory of Constraints“). Wer stärker ist, ist vielleicht auch ein wenig schneller. Aber wichtiger für „schnell“ sind vor allem andere Eigenschaften. Ein Elefant ist eben stark, aber dadurch nicht automatisch auch schnell. Ein Gepard ist schnell. Und ob er stark ist, ist dafür zweitrangig.

Wer diesen Unterschied nachvollziehen kann, hat schon eine der wichtigsten Grundlagen von Lean verstanden. Deshalb erkläre ich das in meinen Trainings immer direkt am Anfang.